Der falsche Rockefeller
1967 - heute
Christophe Thierry Daniel Rocancourt ist ein französischer Hochstapler und Betrüger, der in den 1990er und frühen 2000er Jahren internationale Bekanntheit erlangte. Er gab sich als Mitglied der wohlhabenden Rockefeller-Familie aus und bewegte sich in den höchsten Kreisen der Gesellschaft in den USA und Europa. Mit seinem Charme, seiner Überzeugungskraft und seiner Fähigkeit, verschiedene Identitäten anzunehmen, gelang es ihm, Prominente, Geschäftsleute und wohlhabende Persönlichkeiten um Millionen von Dollar zu betrügen. Seine Opfer reichten von Hollywood-Stars bis zu Mitgliedern der High Society, die er durch falsche Investitionsangebote, vorgetäuschte Geschäftsmöglichkeiten und persönliche Darlehen täuschte.
Christophe Rocancourt wurde am 16. Juli 1967 in Honfleur, einer kleinen Küstenstadt in der Normandie, Frankreich, geboren. Seine Kindheit war von Armut und Instabilität geprägt. Seine Mutter war eine Prostituierte, und sein Vater, ein Alkoholiker, verließ die Familie früh. Nach eigenen Angaben wurde Rocancourt im Alter von fünf Jahren von seiner Mutter verlassen und wuchs teilweise in Pflegeheimen und bei Verwandten auf.
Diese schwierige Kindheit scheint Rocancourts späteres Leben maßgeblich beeinflusst zu haben. Er entwickelte früh ein Talent für Täuschung und Anpassung, Fähigkeiten, die ihm halfen, in einer unsicheren Umgebung zu überleben. Bereits als Teenager begann er mit kleineren Betrügereien und Diebstählen.
Mit 18 Jahren verließ Rocancourt Frankreich und begann seine internationale Karriere als Betrüger. Er reiste zunächst nach Asien, wo er in Thailand und Hongkong erste Erfahrungen mit größeren Betrügereien sammelte. In dieser Zeit lernte er, wie man gefälschte Dokumente erstellt und verschiedene Identitäten annimmt – Fähigkeiten, die später zu seinem Markenzeichen werden sollten.
In den frühen 1990er Jahren kam Rocancourt in die Vereinigten Staaten, wo er seine betrügerischen Aktivitäten auf ein neues Niveau hob. Er ließ sich zunächst in Los Angeles nieder, wo er begann, sich in wohlhabenden Kreisen zu bewegen. Hier entwickelte er die Persona, die ihn berühmt machen sollte: Christopher Rockefeller, ein angeblicher Erbe des Rockefeller-Vermögens.
Rocancourt war ein Meister der Selbstdarstellung. Er sprach mehrere Sprachen, kleidete sich elegant und hatte ein umfassendes Wissen über Kunst, Wein und Luxusgüter. Diese Eigenschaften, kombiniert mit seinem natürlichen Charme und seiner Überzeugungskraft, ermöglichten es ihm, sich in exklusive soziale Kreise einzuschleichen und das Vertrauen wohlhabender und einflussreicher Menschen zu gewinnen.
Im Laufe seiner Karriere als Hochstapler nahm Rocancourt verschiedene Identitäten an, darunter die eines französischen Adligen, eines Hollywood-Produzenten und eines Geschäftsmanns mit engen Verbindungen zu bekannten Persönlichkeiten. Er heiratete mehrmals, oft mit Frauen aus wohlhabenden Familien, was ihm zusätzlichen Zugang zu exklusiven Kreisen verschaffte.
Christophe Rocancourt war ein Meister der sozialen Manipulation und nutzte eine Vielzahl von Techniken, um seine Opfer zu täuschen und ihr Vertrauen zu gewinnen. Seine Methoden waren raffiniert und anpassungsfähig, was es ihm ermöglichte, über Jahre hinweg erfolgreich zu operieren.
Identitätswechsel und falsche Persona: Rocancourts Hauptmethode war die Annahme falscher Identitäten. Er präsentierte sich oft als Christopher Rockefeller, ein angeblicher Erbe des Rockefeller-Vermögens, aber er nahm auch andere Identitäten an, je nach Situation und Zielgruppe. Er konnte überzeugend die Rolle eines französischen Adligen, eines erfolgreichen Geschäftsmanns oder eines Hollywood-Produzenten spielen. Diese Flexibilität ermöglichte es ihm, sich an verschiedene soziale Kreise anzupassen und das Vertrauen unterschiedlicher Opfergruppen zu gewinnen.
Soziale Beweise und Assoziationen: Rocancourt nutzte geschickt das Prinzip des sozialen Beweises. Er sorgte dafür, dass er mit bekannten und respektierten Persönlichkeiten in Verbindung gebracht wurde, was seine eigene Glaubwürdigkeit erhöhte. Er pflegte Freundschaften mit Prominenten und wurde oft in exklusiven Clubs und Restaurants gesehen. Diese Assoziationen dienten als Referenzen und öffneten ihm Türen zu weiteren potenziellen Opfern.
Luxuriöser Lebensstil als Köder: Rocancourt investierte in einen auffällig luxuriösen Lebensstil, der seine angebliche Wohlhabenheit demonstrieren sollte. Er fuhr teure Autos, trug maßgeschneiderte Anzüge und Designeruhren und wohnte in luxuriösen Hotels oder gemieteten Villen. Dieser zur Schau gestellte Reichtum diente als Köder für potenzielle Opfer und verstärkte den Eindruck seiner finanziellen Potenz.
Falsche Investitionsmöglichkeiten: Eine von Rocancourts Hauptmethoden, um an Geld zu kommen, war das Anbieten exklusiver Investitionsmöglichkeiten. Er behauptete, Zugang zu lukrativen Geschäften zu haben, die normalerweise nur für Insider verfügbar seien, und bot seinen Opfern an, daran teilzuhaben. Diese angeblichen Investitionen reichten von Immobilienprojekten über Filmproduktionen bis hin zu exklusiven Aktiendeals.
Persönliche Darlehen und Gefälligkeiten: Rocancourt bat oft um "vorübergehende" Darlehen oder finanzielle Gefälligkeiten, wobei er vorgab, dass sein eigenes Vermögen momentan nicht verfügbar sei, etwa wegen Bankproblemen oder weil es in langfristigen Investitionen gebunden sei. Er versprach großzügige Rückzahlungen, die nie erfolgten.
Emotionale Manipulation: Rocancourt war ein Meister der emotionalen Manipulation. Er konnte Mitgefühl, Vertrauen und sogar romantische Gefühle bei seinen Opfern wecken. Er passte seine Persönlichkeit an die Bedürfnisse und Wünsche seiner Ziele an und schuf so eine emotionale Bindung, die rationales Denken überwog.
Dokumentenfälschung: Um seine falschen Identitäten zu unterstützen, verwendete Rocancourt gefälschte Dokumente wie Pässe, Führerscheine und Geschäftsunterlagen. Diese Fälschungen waren oft von hoher Qualität und halfen ihm, offizielle Überprüfungen zu bestehen.
Ständige Bewegung: Rocancourt blieb selten lange an einem Ort. Er wechselte regelmäßig seinen Aufenthaltsort, was es schwieriger machte, ihn zu verfolgen oder seine Geschichten zu überprüfen. Diese Mobilität half ihm auch, neuen Opferkreisen zu erschließen und der Strafverfolgung zu entgehen.
Einer von Rocancourts bekanntesten Betrügereien fand in den 1990er Jahren in Hollywood statt. Er gab sich als Christopher Rockefeller aus und infiltrierte die Prominentenkreise von Los Angeles. Er freundete sich mit Schauspielern, Produzenten und anderen Prominenten an, darunter angeblich Mickey Rourke und Jean-Claude Van Damme.
In dieser Zeit behauptete Rocancourt, ein erfolgreicher Filmproduzent und Investor zu sein. Er bot verschiedenen Prominenten an, in Filmprojekte zu investieren oder ihre Karrieren zu fördern. Durch sein selbstbewusstes Auftreten und seine scheinbaren Verbindungen zur Filmindustrie gelang es ihm, erhebliche Summen von hoffnungsvollen Schauspielern und Produzenten zu erhalten.
Besonders bemerkenswert war seine Fähigkeit, sich in exklusive Clubs und Veranstaltungen einzuschleichen, wo er weitere Kontakte knüpfte und sein Netzwerk erweiterte. Er nutzte diese Verbindungen, um seine Glaubwürdigkeit zu stärken und neue Opfer zu finden. Schätzungen zufolge betrog er während seiner Zeit in Hollywood verschiedene Personen um insgesamt mehrere Millionen Dollar.
Ende der 1990er Jahre verlagerte Rocancourt seine Aktivitäten nach New York, insbesondere in die Hamptons, ein beliebter Ferienort der Reichen und Berühmten. Hier gab er sich als französischer Adliger und Geschäftsmann aus und mietete eine luxuriöse Villa, die als Basis für seine Operationen diente.
In den Hamptons bewegte sich Rocancourt in den exklusivsten sozialen Kreisen und freundete sich mit wohlhabenden Geschäftsleuten und Prominenten an. Er bot ihnen angeblich exklusive Investitionsmöglichkeiten an, darunter Immobiliengeschäfte und Aktieninvestitionen mit garantierten hohen Renditen.
Ein besonders dreister Aspekt seines Hamptons-Betrugs war, dass er oft vorgab, sein Geld oder seine Kreditkarten vergessen zu haben, und wohlhabende Bekannte bat, für ihn zu bezahlen, mit dem Versprechen, sie später großzügig zu entschädigen. Diese scheinbar kleinen Gefälligkeiten summierten sich zu erheblichen Beträgen.
Während seiner Zeit in den Hamptons soll Rocancourt mehr als eine Million Dollar von verschiedenen Opfern erbeutet haben, bevor die Behörden auf ihn aufmerksam wurden und er fliehen musste.
Als der Druck in den USA zunahm, floh Rocancourt 2000 nach Kanada, wo er eine neue Identität annahm und seine betrügerischen Aktivitäten fortsetzte. In Vancouver gab er sich als Michael van Hoven aus, ein wohlhabender Geschäftsmann mit Verbindungen zur europäischen Aristokratie.
In Kanada traf Rocancourt Pia Reyes, ein ehemaliges Playboy-Model, die er später heiratete. Das Paar lebte in einem luxuriösen Apartment und bewegte sich in den höchsten gesellschaftlichen Kreisen Vancouvers. Rocancourt setzte seine bewährten Methoden fort, indem er wohlhabenden Kanadiern exklusive Investitionsmöglichkeiten anbot und um "vorübergehende" Darlehen bat.
Besonders bemerkenswert an seiner Zeit in Kanada war, dass Rocancourt trotz der gegen ihn laufenden Ermittlungen in den USA weiterhin ein hohes Profil pflegte. Er gab Interviews in lokalen Medien und machte keinen Hehl aus seinem luxuriösen Lebensstil, was schließlich zu seiner Verhaftung durch die kanadischen Behörden im Jahr 2001 führte.
Trotz seiner Geschicklichkeit und Vorsicht begann Rocancourts Glück Ende der 1990er Jahre zu schwinden. Seine zunehmende Bekanntheit und die wachsende Zahl seiner Opfer führten dazu, dass die Behörden auf ihn aufmerksam wurden. Mehrere seiner Opfer erstatteten Anzeige, was zu Ermittlungen des FBI und anderer Strafverfolgungsbehörden führte.
Im Jahr 2000, als der Druck in den USA zunahm, floh Rocancourt nach Kanada. Dort setzte er seine betrügerischen Aktivitäten fort, wurde aber im April 2001 in Vancouver verhaftet. Die kanadischen Behörden klagten ihn wegen verschiedener Vergehen an, darunter Betrug und das Führen falscher Identitäten.
Nach seiner Verhaftung in Kanada verbrachte Rocancourt ein Jahr im Gefängnis, bevor er an die USA ausgeliefert wurde. In den Vereinigten Staaten bekannte er sich 2002 des Betrugs, der Fälschung und des Diebstahls schuldig. Er wurde zu drei Jahren und zehn Monaten Gefängnis verurteilt und musste eine Geldstrafe von 1,2 Millionen Dollar zahlen.
Nach seiner Entlassung aus dem US-Gefängnis im Jahr 2005 wurde Rocancourt nach Frankreich abgeschoben. In seiner Heimat nutzte er seine Bekanntheit, um Medienpräsenz zu erlangen. Er veröffentlichte eine Autobiographie mit dem Titel "I, Christophe Rocancourt, Orphan, Playboy, Prisoner" und trat in verschiedenen Fernsehshows auf.
Doch auch in Frankreich geriet Rocancourt erneut mit dem Gesetz in Konflikt. Im Jahr 2009 wurde er wegen Betrugs verhaftet und zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Nach seiner Entlassung wurde er 2012 erneut verhaftet, diesmal wegen des Verdachts, in einen Menschenhandelsring verwickelt zu sein, wurde aber später aus Mangel an Beweisen freigesprochen.
In den letzten Jahren hat Rocancourt versucht, sein Image zu rehabilitieren. Er trat in Reality-TV-Shows auf, gab Interviews und behauptete, sein Leben geändert zu haben. Er hat auch als "Berater" für Unternehmen gearbeitet, angeblich um ihnen zu helfen, Betrügereien zu erkennen und zu verhindern.
Trotz seiner Behauptungen, sich geändert zu haben, bleibt Rocancourts Ruf als einer der geschicktesten Hochstapler der modernen Zeit bestehen. Seine Geschichte wird oft als warnendes Beispiel für die Macht der sozialen Manipulation und die Gefahren blinden Vertrauens angeführt.
Christophe Rocancourt hat ein komplexes Vermächtnis hinterlassen, das verschiedene Aspekte der modernen Gesellschaft beeinflusst hat. Als einer der bekanntesten Hochstapler des späten 20. und frühen 21. Jahrhunderts hat seine Geschichte sowohl Faszination als auch Warnung hervorgerufen.
In der Populärkultur hat Rocancourt einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Seine Geschichte wurde in zahlreichen Büchern, Artikeln und Dokumentationen behandelt. Seine Autobiographie wurde zu einem Bestseller in Frankreich, und es gab Gespräche über Verfilmungen seines Lebens. Diese mediale Aufmerksamkeit hat dazu beigetragen, den Mythos des charmanten Betrügers zu perpetuieren, der das System überlistet.
Für Kriminologen und Psychologen bietet Rocancourts Fall eine faszinierende Studie über die Psychologie des Betrugs und der sozialen Manipulation. Seine Methoden werden oft analysiert, um zu verstehen, wie Betrüger das Vertrauen ihrer Opfer gewinnen und aufrechterhalten können, selbst angesichts von Hinweisen, die Misstrauen wecken sollten.
Im Bereich der Sicherheit und Betrugsbekämpfung hat Rocancourts Fall zu verstärkten Maßnahmen geführt. Finanzinstitute und Strafverfolgungsbehörden haben ihre Protokolle zur Identitätsüberprüfung verbessert, teilweise als Reaktion auf hochkarätige Betrugsfälle wie den seinen. Ironischerweise hat Rocancourt selbst nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis behauptet, als Berater für Betrugsbekämpfung zu arbeiten.
Gesellschaftlich hat Rocancourts Geschichte Diskussionen über die Natur von Reichtum, Status und Authentizität in der modernen Gesellschaft angeregt. Sein Erfolg als falscher Rockefeller wirft Fragen darüber auf, wie leicht Reichtum und Status vorgetäuscht werden können und wie sehr wir dazu neigen, Menschen aufgrund äußerer Zeichen von Wohlstand und Verbindungen zu vertrauen.
Für seine Opfer hat Rocancourt natürlich ein ganz anderes Vermächtnis hinterlassen. Viele verloren erhebliche Summen Geld, und einige erlitten auch emotionale Schäden durch seine Täuschungen. Die meisten seiner Opfer haben ihr Geld nie zurückerhalten, trotz der gegen ihn verhängten Geldstrafen und Rückzahlungsanordnungen.
Persönlich hat Rocancourt versucht, sein eigenes Vermächtnis zu gestalten, indem er sich als eine Art "Robin Hood"-Figur darstellt, die nur die Reichen und Privilegierten betrogen hat. In Interviews hat er oft betont, dass seine Opfer wohlhabend waren und den Verlust verkraften konnten, und hat seine Handlungen als eine Form der Umverteilung des Reichtums gerechtfertigt. Diese Selbstdarstellung wird von vielen kritisch gesehen, insbesondere von seinen Opfern und den Strafverfolgungsbehörden.
Letztendlich bleibt Rocancourts Vermächtnis zwiespältig. Für einige ist er ein faszinierendes Beispiel für Charisma und soziale Intelligenz, für andere ein warnendes Beispiel für die Gefahren von Täuschung und Manipulation. Seine Geschichte erinnert uns daran, dass Erscheinungen trügen können und dass selbst die überzeugendsten Fassaden oft nur das sind – Fassaden.
"Ich habe nie jemanden mit einer Waffe bedroht. Ich habe nur mit Worten gespielt." - Christophe Rocancourt
"Die Leute glauben, was sie glauben wollen. Wenn jemand glauben will, dass ich ein Rockefeller bin, wer bin ich, ihm zu widersprechen?" - Christophe Rocancourt in einem Interview
"In Amerika ist es einfach, reich zu erscheinen. Man braucht nur einen guten Anzug und eine Kreditkarte." - Christophe Rocancourt