Alves dos Reis

Alves dos Reis

Der Banknotenfälscher

1896 - 1955

Artur Virgílio Alves dos Reis war ein portugiesischer Betrüger, der in den 1920er Jahren einen der größten und kreativsten Finanzbetrüge der Geschichte durchführte. Statt Banknoten zu fälschen, gelang es ihm durch eine Reihe gefälschter Dokumente und ausgeklügelter Täuschungen, die offizielle Druckerei der portugiesischen Banknoten in London zu überzeugen, echte 500-Escudo-Scheine für ihn zu drucken. Er brachte so viele dieser nicht autorisierten, aber technisch echten Banknoten in Umlauf, dass er fast die Kontrolle über die Bank von Portugal übernehmen konnte und die portugiesische Wirtschaft an den Rand des Zusammenbruchs brachte. Sein Betrug ist bemerkenswert, weil er keine Banknoten fälschte, sondern das System manipulierte, um echte Banknoten zu erhalten.

Geschichte und Hintergrund

Artur Virgílio Alves dos Reis wurde am 8. September 1896 in Lissabon, Portugal, geboren. Er stammte aus einer Mittelschichtsfamilie und zeigte schon früh Anzeichen von Intelligenz und Ehrgeiz, aber auch von Ungeduld mit konventionellen Wegen zum Erfolg. Als junger Mann besuchte er eine technische Schule, brach sein Studium jedoch ab.

Dos Reis' erste Berührung mit Betrug kam früh in seinem Leben. Im Alter von 22 Jahren fälschte er ein Diplom als Ingenieur der Universität Oxford, obwohl er nie dort studiert hatte. Mit diesem gefälschten Abschluss sicherte er sich eine Position als Eisenbahningenieur in der portugiesischen Kolonie Angola.

In Angola wurde dos Reis wegen Unterschlagung verhaftet, nachdem er Gelder veruntreut hatte, die für den Bau einer Brücke bestimmt waren. Er verbrachte einige Zeit im Gefängnis, wurde aber schließlich freigelassen und kehrte nach Portugal zurück. Diese frühen Erfahrungen mit Betrug und die Konsequenzen scheinen ihn nicht abgeschreckt zu haben; vielmehr dienten sie als Lehrzeit für seinen späteren, viel größeren Betrug.

Nach seiner Rückkehr nach Portugal heiratete dos Reis und versuchte, verschiedene legitime Geschäfte zu gründen, hatte aber wenig Erfolg. Frustriert von seinen gescheiterten Unternehmungen und getrieben von dem Wunsch nach Reichtum und Anerkennung, begann er, seinen großen Betrug zu planen. Er war überzeugt, dass er mit genügend Kapital erfolgreiche Unternehmen gründen und letztendlich ein respektiertes Mitglied der Gesellschaft werden könnte.

Dos Reis' Plan war von beispielloser Kühnheit und Komplexität. Statt Banknoten zu fälschen, was technisch schwierig und leicht zu entdecken gewesen wäre, beschloss er, das System zu manipulieren, um echte Banknoten zu erhalten. Sein Plan nutzte die komplexe Struktur der Bank von Portugal aus, die damals ihre Banknoten von der britischen Firma Waterlow & Sons in London drucken ließ.

Methoden und Vorgehensweise

Alves dos Reis' Betrug war bemerkenswert für seine Komplexität, Kühnheit und die Ausnutzung institutioneller Schwachstellen. Seine Methoden umfassten mehrere Schlüsselelemente:

Gefälschte Dokumente und Identitäten: Dos Reis begann seinen Betrug, indem er eine Reihe von Dokumenten fälschte, die angeblich von der Bank von Portugal stammten. Diese Dokumente autorisierten ihn, als Vertreter der Bank zu handeln. Er schuf auch eine fiktive "Internationale Kreditbank von Angola" und behauptete, im Namen dieser Bank zu handeln.

Ausnutzung internationaler Komplexität: Dos Reis nutzte geschickt die Tatsache aus, dass die portugiesischen Banknoten in London gedruckt wurden, was die Kommunikation und Überprüfung erschwerte. Er spielte mit den Verzögerungen und Missverständnissen, die durch die internationale Natur des Geschäfts entstanden.

Überzeugungskraft und Selbstsicherheit: Dos Reis war ein außergewöhnlich überzeugender Mann, der mit Selbstvertrauen und Autorität auftrat. Er konnte Bankiers, Geschäftsleute und sogar die Drucker der Banknoten davon überzeugen, dass er legitim handelte. Seine Fähigkeit, vertrauenswürdig zu erscheinen, war entscheidend für den Erfolg seines Betrugs.

Technisches Wissen: Dos Reis hatte ein gutes Verständnis des Bankwesens und der Prozesse der Banknotenproduktion. Er wusste, welche Dokumente er fälschen musste und wie der Prozess der Banknotenherstellung funktionierte. Dieses Wissen ermöglichte es ihm, einen Plan zu entwickeln, der technisch plausibel war.

Strategische Verwendung der Gelder: Anstatt das Geld sofort für persönlichen Luxus auszugeben, investierte dos Reis einen Großteil in legitime Geschäfte und den Kauf von Aktien der Bank von Portugal. Dies gab seinen Aktivitäten einen Anschein von Legitimität und diente seinem langfristigen Ziel, die Kontrolle über die Bank zu erlangen.

Komplizennetzwerk: Dos Reis arbeitete nicht allein. Er rekrutierte mehrere Komplizen, darunter den niederländischen Geschäftsmann Karel Marang, der internationale Verbindungen hatte und dem Betrug zusätzliche Glaubwürdigkeit verlieh. Dieses Netzwerk half ihm, die verschiedenen Aspekte des Betrugs zu koordinieren und zu verwalten.

Ausnutzung politischer Instabilität: Portugal durchlief in den 1920er Jahren eine Zeit politischer Turbulenzen, mit häufigen Regierungswechseln und wirtschaftlicher Unsicherheit. Dos Reis nutzte diese Instabilität aus, da sie die Überprüfung seiner Aktivitäten erschwerte und die Aufmerksamkeit von seinen Handlungen ablenkte.

Bekannteste Coups

Die Täuschung von Waterlow & Sons

Der Kern von dos Reis' Betrug war die Täuschung der Druckerei Waterlow & Sons in London, die die offiziellen Banknoten für die Bank von Portugal herstellte. Im Jahr 1924 kontaktierte dos Reis den Vorsitzenden von Waterlow & Sons, Sir William Waterlow, und präsentierte gefälschte Dokumente, die angeblich von der Bank von Portugal stammten.

Diese Dokumente autorisierten angeblich die Produktion einer neuen Serie von 500-Escudo-Banknoten, die identisch mit den bereits im Umlauf befindlichen sein sollten, einschließlich derselben Seriennummern. Dos Reis behauptete, diese Banknoten würden für eine geheime Anleihe an die portugiesische Kolonie Angola verwendet, um deren Wirtschaft zu stabilisieren, und die Duplizierung der Seriennummern sei eine Sicherheitsmaßnahme.

Sir William Waterlow, ein angesehener Geschäftsmann, der keinen Grund hatte, an der Echtheit der Dokumente zu zweifeln, stimmte zu. Zwischen Februar und Dezember 1925 druckte Waterlow & Sons 200.000 Banknoten im Wert von 500 Escudos, was einem Gesamtwert von 100 Millionen Escudos entsprach – etwa 0,88% des portugiesischen Bruttoinlandsprodukts zu dieser Zeit.

Das Bemerkenswerte an diesem Coup war, dass die Banknoten technisch gesehen keine Fälschungen waren. Sie wurden von der offiziellen Druckerei mit den gleichen Platten, dem gleichen Papier und den gleichen Sicherheitsmerkmalen wie die legitimen Banknoten hergestellt. Der einzige Unterschied bestand darin, dass sie nicht von der Bank von Portugal autorisiert waren.

Die Gründung der Banco Angola e Metrópole

Mit den neu gedruckten Banknoten gründete dos Reis die Banco Angola e Metrópole (Bank von Angola und der Metropole), eine legitime Bank, die als Fassade für seine Aktivitäten diente. Die Bank eröffnete Filialen in ganz Portugal und begann, Kredite zu vergeben und Einlagen anzunehmen.

Dos Reis nutzte die Bank, um seine nicht autorisierten Banknoten in Umlauf zu bringen, indem er großzügige Kredite vergab und in verschiedene Unternehmen investierte. Die Bank wurde schnell zu einer bedeutenden Kraft im portugiesischen Finanzsektor und gewann das Vertrauen der Öffentlichkeit und anderer Finanzinstitutionen.

Besonders bemerkenswert war, dass dos Reis einen erheblichen Teil des Geldes nutzte, um Aktien der Bank von Portugal zu kaufen. Sein Ziel war es, genug Aktien zu erwerben, um die Kontrolle über die Bank zu übernehmen und damit seinen Betrug zu legitimieren. Auf dem Höhepunkt seiner Aktivitäten kontrollierte er fast 10% der Aktien der Bank von Portugal.

Die internationale Expansion

Dos Reis beschränkte seine Aktivitäten nicht auf Portugal. Er eröffnete Bankkonten in verschiedenen europäischen Ländern, darunter Frankreich, Großbritannien und die Niederlande, und nutzte diese, um seine Banknoten in internationale Währungen umzutauschen.

Er investierte auch in internationale Geschäfte und erwarb Immobilien in mehreren Ländern. Diese internationale Expansion half ihm, seinen Betrug zu verschleiern und gab seinen Aktivitäten einen Anschein von Legitimität. Sie ermöglichte es ihm auch, einen Teil seines Vermögens außerhalb Portugals zu sichern, falls sein Betrug entdeckt werden sollte.

Besonders bemerkenswert war sein Versuch, eine Konzession für den Bau einer Eisenbahn in Angola zu erhalten. Dieses Projekt hätte, wenn es erfolgreich gewesen wäre, nicht nur seinen Betrug legitimiert, sondern auch erhebliche legitime Gewinne generiert.

Entdeckung und Konsequenzen

Trotz der Raffinesse seines Betrugs begann dos Reis' Glück Ende 1925 zu schwinden. Die Bank von Portugal bemerkte Unregelmäßigkeiten im Geldumlauf, insbesondere eine ungewöhnlich hohe Anzahl von 500-Escudo-Banknoten mit identischen Seriennummern. Dies führte zu einer Untersuchung, die schließlich den Betrug aufdeckte.

Im Dezember 1925 veröffentlichte eine portugiesische Zeitung einen Artikel, der den Betrug enthüllte. Dos Reis versuchte zu fliehen, wurde aber am 6. Dezember 1925 in Portugal verhaftet. Seine Komplizen, darunter Karel Marang, wurden ebenfalls festgenommen.

Der Prozess gegen dos Reis und seine Mitverschwörer begann im Mai 1927 und erregte internationale Aufmerksamkeit. Dos Reis verteidigte sich, indem er behauptete, sein Ziel sei es gewesen, die Kontrolle über die Bank von Portugal zu übernehmen und sie zu reformieren, um der portugiesischen Wirtschaft zu helfen. Er argumentierte auch, dass die politische Elite Portugals korrupt sei und dass sein Betrug ein Versuch gewesen sei, gegen diese Korruption vorzugehen.

Trotz seiner eloquenten Verteidigung wurde dos Reis für schuldig befunden und zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt. Seine Komplizen erhielten kürzere Strafen. Sir William Waterlow und seine Firma Waterlow & Sons wurden von der Bank von Portugal verklagt und mussten erhebliche Entschädigungen zahlen, was zum Ruin des Unternehmens führte.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Betrugs waren erheblich. Die portugiesische Währung verlor stark an Wert, und das Vertrauen in die Bank von Portugal wurde erschüttert. Die Regierung musste alle 500-Escudo-Banknoten aus dem Verkehr ziehen und durch neue ersetzen, was zu weiterer wirtschaftlicher Instabilität führte.

Dos Reis verbrachte den Rest seines Lebens im Gefängnis und starb dort am 9. Mai 1955 im Alter von 58 Jahren. Trotz mehrerer Versuche, eine vorzeitige Entlassung zu erwirken, blieb er bis zu seinem Tod inhaftiert.

Vermächtnis

Alves dos Reis' Betrug hat ein bedeutendes historisches und kulturelles Erbe hinterlassen. Er gilt als einer der größten und kreativsten Finanzbetrüge der Geschichte und wird oft in Büchern, Artikeln und Dokumentationen über berühmte Betrügereien erwähnt. Seine Geschichte wurde in mehreren Büchern detailliert beschrieben, darunter "The Man Who Stole Portugal" von Murray Teigh Bloom.

Der Betrug hatte auch langfristige Auswirkungen auf das portugiesische Bankwesen und die Wirtschaft. Die Bank von Portugal führte strengere Kontrollen für die Produktion und Ausgabe von Banknoten ein, und das Vertrauen in die portugiesische Währung wurde für Jahre erschüttert. Einige Historiker argumentieren, dass die wirtschaftliche Instabilität, die durch den Betrug verursacht wurde, zum Aufstieg des autoritären Estado Novo-Regimes unter António de Oliveira Salazar beitrug, das Portugal von 1933 bis 1974 regierte.

In der Welt der Numismatik (Münzkunde) sind die von dos Reis in Auftrag gegebenen Banknoten heute begehrte Sammlerstücke. Obwohl sie technisch nicht autorisiert waren, sind sie von den offiziellen Banknoten nicht zu unterscheiden und stellen ein faszinierendes Stück Finanzgeschichte dar.

Dos Reis' Betrug wird auch in der akademischen Welt studiert, insbesondere in den Bereichen Wirtschaftskriminalität und Finanzgeschichte. Sein Fall bietet wertvolle Einblicke in die Schwachstellen von Finanzsystemen und die Psychologie des Betrugs. Er zeigt, wie ein einzelner Mensch mit Intelligenz, Charisma und Kühnheit ein ganzes Finanzsystem manipulieren kann.

In Portugal selbst bleibt dos Reis eine kontroverse Figur. Einige sehen ihn als einen brillanten, wenn auch kriminellen Geist, der die Schwächen des Systems aufdeckte. Andere betrachten ihn als einen skrupellosen Betrüger, der erheblichen wirtschaftlichen Schaden anrichtete. Seine Geschichte wird oft als Warnung vor den Gefahren der Gier und des unbegrenzten Ehrgeizes erzählt.

Unabhängig von der moralischen Bewertung seiner Taten bleibt dos Reis' Betrug ein faszinierendes Beispiel für menschliche Erfindungsgabe und die Grenzen institutioneller Kontrollen. Seine Geschichte erinnert uns daran, dass manchmal die größten Bedrohungen für ein System nicht von außen kommen, sondern von denen, die die Regeln des Systems verstehen und manipulieren können.

Zitate

"Ich habe keine Banknoten gefälscht. Ich habe die Bank von Portugal dazu gebracht, sie für mich zu drucken." - Alves dos Reis während seines Prozesses
"Mein Ziel war es nicht, zu stehlen, sondern zu schaffen. Mit dem Kapital hätte ich Unternehmen aufbauen können, die Portugal Wohlstand gebracht hätten." - Alves dos Reis (zugeschrieben)
"Der Betrug des Alves dos Reis war so perfekt, dass selbst die Bank von Portugal ihre eigenen Banknoten nicht von seinen unterscheiden konnte." - Murray Teigh Bloom, Autor von "The Man Who Stole Portugal"

Steckbrief

Name: Artur Virgílio Alves dos Reis
Alias: Der Banknotenfälscher
Geboren: 8. September 1896
Gestorben: 9. Mai 1955
Nationalität: Portugiesisch
Kategorie: Betrüger, Fälscher
Aktiv: 1924-1925
Bekannteste Tat: Ließ echte, aber nicht autorisierte Banknoten drucken
Beute: 100 Millionen Escudos (ca. 0,88% des portugiesischen BIP)
Strafe: 20 Jahre Gefängnis